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Eine Ära geht zu Ende. Vier Jahre lang führte die HAK Reutte eine sogenannte Deutschförderklasse. In dieser besonderen Klasse wurde es Schülerinnen und Schülern nicht-deutscher Primärsprache ermöglicht, im Mittel 20 Wochenstunden die Zielsprache zu erlernen und weiterzuentwickeln. Dank optimaler Rahmenbedingungen gelang es einigen in überschaubarer Zeit Sprachniveaus auf A2 oder B1, gar B2 Niveau zu erreichen. Die Klasse zeichnete sich stets durch ihre Heterogenität aus: Kinder und Jugendliche, welche ihre Heimat verlassen mussten und ihre Flucht in Österreich beendeten, konnten hier Fuß fassen, genauso wie Jugendliche, die eines Umzuges geschuldet innerhalb kürzester Zeit vor die Herausforderung eine neue Unterrichtssprache zu erlernen gestellt wurden. Im Idealfall gelang der nahtlose Übertritt in das Regelschulwesen und so entstammen einige Schüler/innen der HAS bzw. HAK der Deutschförderklasse, wo der Grundstein zur weiterführenden Schullaufbahn gelegt wurde.

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Für die Zielgruppe der Geflüchteten war diese Klassengemeinschaft jedoch noch viel mehr: das Erleben einer neuen Kultur, das Verstehen bislang unbekannter Verhaltensnormen, die Reflexion gemeinschaftlich geschätzer Werte - das System Österreich und seine Gesellschaft. Im Zentrum standen allerdings stets die Menschen selbst: Individuen mit einzigartiger Geschichte, oftmals durch traumatisierende Erlebnisse geprägt, eingeschüchtert und gezeichnet. Die Deutschförderklasse unter Leitung der Koordinatorin Jasmin Mohr und Deutschlehrerin Elisa Gökçe war weitaus mehr als „nur“ Deutschunterricht. Gemeinsam wurde auf das neue Leben im Zielland Österreich vorbereitet und neben der Vermittlung sozialer und personaler Kompetenzen wurden auch Inhalte sämtlicher Schulfächer für den österreichischen Pflichtschulabschluss absolviert. So wurde in intensiven Stunden entsprechend die Kunst der Mathematik gelehrt, die Weltsprache Englisch praktiziert, Geografie, Geschichte und Ethik entdeckt, sowie Berufsorientierung betrieben. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Alle Schülerinnen und Schüler verlassen die Schule mit dem Zeugnis über den österreichischen Pflichtschulabschluss in ihren Händen. In diesem Zusammenhang spricht die Koordinatorin ihren ganz besonderen Dank dem Schulleiter der Mittelschule Untermarkt, Gerfried Breuss, aus: Die reibungslose Kooperation, welche bezüglich der Externistenprüfungen für diese Zielgruppe seit Jahren besteht, behielt stets das Wohl der Kandidierenden im Auge und selbst Corona konnte der Menschlichkeit, welche bei der Administration der Prüfungen durchgehend im Zentrum stand, keinen Schaden zufügen. In der letzten Schulwoche war es dann soweit: Im Rahmen einer würdevollen Abschlussfeier wurde der Abschied eingeleitet, der alles andere als tränenfrei verlief. Die jungen Erwachsenen berichteten im Zuge ihrer Projektpräsentation über ihre Kindheit im ehemaligen Heimatland Syrien bzw. Afghanistan, die Beweggründe zur Flucht und den Verlauf ebendieser, sowie die ersten Eindrücke, welche sie in Österreich sammelten und welche kulturellen Unterschiede sie wahrnehmen. Unter den staunenden Augen und gespitzten Ohren des gesamten Lehrpersonals, der Sekretärin und der Schulleitung Dir. Werner Hohenrainer wurde die emotionale Verabschiedung mit interkulturellem Austausch bei einem syrisch-afghanischen Buffet beschlossen.

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Die bestens integrierten und äußerst ambitionierten und engagierten Jugendlichen haben auch von ihren Wünschen und Vorstellungen in Bezug auf deren Zukunft berichtet und dargelegt, dass sie teilweise seit 5 Jahren auf einen positiven Asylbescheid warteten, was die Konsequenz trägt, dass sie weder arbeiten, noch eine weitere Ausbildung antreten dürfen. Die Freude und der Stolz über das Erreichte werden unter diesem Umständen also auch getrübt.

Die Schulgemeinschaft der HAK Reutte wünscht ihren Schützlingen jedenfalls nur das Beste für die hoffentlich in Österreich anstehende Zukunft: Ihr könnt stolz auf euch sein - wir sind es jedenfalls - denn ihr habt Großartiges geleistet und seid allesamt wunderbare Menschen!

Mag.a Jasmin Mohr, BA